Willensstärke ist in der Musikindustrie ziemlich wichtig, aber für manche, besonders für Künstlerinnen, ganz besonders. Auch die US-amerikanische Sängerin und Pianistin Tori Amos bewies, dass sie sich nicht so leicht die Butter vom Brot nehmen lässt: als sie nach ihrem ersten erfolgreichen Album Little Earthquakes ihre zweite Platte Under The Pink nachlegte und das Label begann, ihr in die Endfassungen reinzureden, gab sie nicht klein bei. Stattdessen drohte sie mit der Verbrennung der Masterbänder und erreichte so zumindest einen Teil ihrer Forderungen. Heraus kam ein Album voller weiblicher Charaktere, die die Kontrolle über ihr eigenes Leben, ihre Gedanken und Sehnsüchte ergriffen. Ein Album voller Tracks, die so herzergreifend und gleichzeitig stark waren, dass das Album noch erfolgreicher wurde als das erste. All das geschah vor 25 Jahren.
MC5 – Kick Out The Jams | Das Große Ganze
Detroit 1968. In einer Zeit voller Funk und Soul, macht in der Motor City nicht nur das Label Tamla Motown auf sich aufmerksam, sondern auch eine Protopunk-Band der ersten Stunde: MC5. Ihr Debüt Kick Out The Jams, aufgenommen in Detroit’s Grande Ballroom und verfeinert mit jeder Menge Beleidigungen im Text, brachte die Band sogar in den Knast, bevor das Album offiziell erschien. Frontmann Rob Tyner ließ es sich nicht nehmen, bei einem Konzert unter Polizeibeobachtung die Zeile „kick out the jams“ mit dem am lautesten und klarsten gebrüllten „motherfucker“ in der Geschichte der Band abzurunden. Der Weg für den Punk war geebnet.
Antony & The Johnsons – The Crying Light | Das Große Ganze
Was bedeutet das „Erhabene“? Bereits Kant und Schiller veröffentlichen zahlreiche Schriften darüber. Antony & The Johnsons geben mit ihrer Musik eine Vorstellung davon, was das sein mag. 2009 veröffentlichen sie ihr drittes Studioalbum The Crying Light. Eine Platte voller Anmut, getragen von Antonys unvergleichbarer Falsettostimme. Zehn Songs, minimalistisch arrangiert und begleitet von einem Kammerorchester. Inspiriert wird Antony damals vom japanischen Ausdruckstänzer Kazu Ono, den sie als sein künstlerisches Vorbild ansieht und direkt auch aufs Cover packt. Heute, zehn Jahre später, liegt Antony & The Johnsons auf Eis und Antony macht erfolgreich als Anhoni weiter. Kein Grund, nicht nochmal einen Blick zurück zu werfen.
Green Day – Dookie | Das Große Ganze
Punk und Mainstream? Dass sich beides nicht ausschließt, bewiesen Green Day 1994 mit Dookie, der ersten Platte, die das Trio aus Berkeley, Kalifornien, bei Warners Tochter Reprise Records veröffentlichte. Auch der überstrapazierte Spruch „Aller guten Dinge sind drei“ bestätigte hier mal wieder so schön die Regel, denn Dookie war LP Nummer Drei und verschaffte Green Day internationales Gehör. Vielleicht auch oder gerade weil die Band von der ursprünglichen Idee absah, sie „Liquid Dookie“ zu nennen, was umgangssprachlich so viel wie Durchfall bedeutet. Der wohl erfolgreichste Track davon trägt den Titel Basket Case und brachte unglaubliche 174 Millionen Klicks auf Youtube. Wer wissen will, was Bandname, Albumtitel und Tracks bedeuten, muss alles eigentlich nur durchs Urban Dictionary jagen und ist hinterher ein ganzes Stück Slang schlauer.
Fever Ray – Fever Ray | Das Große Ganze
Haim, The National, First Aid Kit – wenn Geschwister zusammen Musik machen, dann ist das oft nicht nur für die Eltern erfreulich (mehr Kinder, auf die man stolz sein darf), sondern auch für den musikbegeisterten Rest der Welt. Als Karin und Olof Dreijer 1999 mit ihrem gemeinsamen Projekt The Knife starteten, konnte das schwedische Geschwisterduo nicht ahnen, dass vor allem ihre Platten Deep Cuts und Silent Shout wenige Jahre später als wegweisend für experimentellen Electro-Pop der 00er Jahre gelten würde. 2008 entschied Karin Dreijer, ihre musikalische Energie zusätzlich in ihrem Soloprojekt Fever Ray auszuleben, kaum ein Jahr später erschien das gleichnamige Debütalbum Fever Ray. Trotz oder gerade wegen seines „klaustrophisch-gruseligen“, dafür aber fein komponierten Sounds waren Kritiker*innen begeistert von der Platte, auf kaum einer Jahresbestenliste durfte es fehlen. Die Stimmung düster und kalt, die Stimme oft bis zur Unkenntlichkeit gepitcht, und die Lyrics verstörend wirr – mehr ein Gefühl als ein Album.
Britney Spears – … Baby One More Time | Das Große Ganze
Britney Spears Debütalbum war 1999 der CD-gewordene Beweis, dass Klein-Mädchen-Pop funktioniert. Für … Baby One More Time, das „hit me“ schön ausgespart, orientierte sie sich gesanglich an Tainted Love von Soft Cell. Wer nun glaubt, dass Britney die Schuluniform aufgezwungen wurde, hat weit gefehlt, denn tatsächlich waren ursprünglich Jeans und T-Shirt angesetzt und die damals fünfzehnjährige Britney kam mit der anderen Idee. Obwohl das Album von Kritikern nicht direkt hoch gelobt wurde, erzielte es Rekordeinnahmen, die es zu einem der bis heute erfolgreichsten Popalben jemals machten. Zum Ärger von TLC und Robyn, die den Title Track vorher abgelehnt hatten.
Led Zeppelin – Led Zeppelin | Das Große Ganze
Manche Bands durchlaufen Metamorphosen – ob musikalisch, namentlich oder was ihre Besetzung betrifft. Manche Metamorphosen umfassen alle drei Punkte. So wurden zum Beispiel aus den Yardbirds die New Yardbirds und schlussendlich ging 1968 aus ihnen eine der wichtigsten Bands der Rockgeschichte hervor: Led Zeppelin. Ende der ’68er bröckelte die Besetzung, obwohl noch Pflichtgigs in Skandinavien anstanden. Page stampfte mit Sänger Robert Plant, Bassist und Keyboarder John Paul Jones und Drummer John Bonham eine komplett neue Band aus dem Boden, die musikalisch so gut harmonierte, dass sie, kaum wieder in London angekommen, ihrer Blues- und Psychedelic-inspirierten Kreativität freien Lauf ließen. Kaum drei Monate später erschien ihr gleichnamiges Debütalbum Led Zeppelin. Obwohl das Album zu Beginn nicht besonders gut bei Kritiker*innen ankam, gilt es heute als einer der Meilensteine der Rockgeschichte.
Sonic Youth – Daydream Nation | Das Große Ganze
Ende der 80er entwickelte sich in den USA ein Musikgenre, das von seiner Andersartigkeit lebte: Noise Rock. Geprägt von Dissonanzen, Atonalitäten und jeder Menge Distortion-Effekt auf den Gitarren, kompositionstechnisch dabei schon fast an klassische Musik gelehnt. Eine kleine Band aus New York experimentierte und perfektionierte den Sound so krass, dass sie heute als bekannteste Vertreter des Genres gelten: Sonic Youth. Die Band, die sich schon Anfang der 80er Jahre gegründet hatte, brachte bereits fünf komplette Studioalben heraus, bis sie einen Major Deal landeten. Das letzte und ausschlaggebend für den Wechsel zum Universal gehörenden Label Geffen war Daydream Nation, das 1988 über das Independent Label Enigma Records veröffentlich wurde. Mit unauffälligem Cover-Artwork und zwei Single-Auskopplungen, die bis heute zu den bekanntesten Tracks der Band zählen, erzielte die Platte große Aufmerksamkeit bei Publikum und Kritikern gleichermaßen. Nun wird die Platte 30 Jahre alt. Wie distorted Daydream Nation wirklich klingt, erfahrt ihr in dieser Ausgabe.
The Gaslight Anthem – The ’59 Sounds | Das Große Ganze
Ihr müsst nicht wissen, was „gaslighting“ ist, um The Gaslight Anthem zu feiern. Die Geschichte des makaberen Bandnames ist auch weniger an das Phänomen des „gaslighting“ angelehnt, als vielmehr an ein New Yorker Café, dessen Räumlichkeiten einst Bob Dylan mit seiner Stimme füllte. Auch der Titel des Albums hat fast schon geschichtliche Gründe. Der Sound der Platte, der wie eine heartland rock-Version der Band Social Distortion daherkommt, war der Grund für The ’59 Sound. Die zweite Platte der vierköpfigen Band aus New Brunswick wird nun schon 10 Jahre alt. Wie genau heartland rock klingt und was die Platte überhaupt zu bieten hat, erfahrt ihr in dieser Ausgabe.
Lady Gaga – The Fame | Das Große Ganze
Wieso kleine Brötchen backen, wenn man auch gleich mit einem unbescheidenen Ziel wie Ruhm einsteigen kann? Genau das hat Lady Gaga vor 10 Jahren gemacht und uns ihr Debütalbum The Fame mit voller Wucht um die Ohren geknallt. Zu Recht! Die Platte enthielt einige ihrer bis dato größten Hits wie Just Dance, Poker Face, Papparazzi und das, obwohl Gaga noch gar kein Star war. Spätestens bei Musikverleihungen machte die Sängerin mit schrillen oder provokativen Outfits wie dem Fleischkleid von sich reden. Die Idee war, dass Pop viel mehr visuelle Komponenten bräuchte und für die sorgte sie.